Über das Denken

Vor geraumer Zeit besuchte ich in Kalifonien regelmäßig den Zen-Buddhismus-Einführungskurs eines nahen Klosters. Elementarer Bestandteil der Lektionen waren geleitete Gruppenmeditationen mit dem Ziel, den eigenen „Monkey Mind“ unter Kontrolle zu halten, wie es unser Meister in seiner bildhaften Sprache so wunderbar formulierte. Interessanterweise gestaltete sich diese vermeintlich simple Anweisung erstaunlich anspruchsvoll, denn absichtlich „nichts zu denken“ ist praktisch unmöglich. In der Psychologie nennt man das einen „Ironischen Prozess“ und als bildhaftes Beispiel werden gerne weiße Bären oder rosa Elefanten herangezogen, an die man eben nicht denken sollte.
In einem künstlerischen Prozess lässt sich somit das Denken ebenfalls nicht ausschalten, auch wenn elementare Teile dieses Prozesses intuitiv und unbewusst ablaufen. Man kann ebensowenig planen ein „besonderes Bild“ zu schaffen wie ein grandioses gelbes. Wenn Gelb dann einfach nicht passen will, ist der gute Vorsatz sinnlos und das Bild weder stimmig noch gut.  
Daher versuche ich, ganz der Anleitung meines geschätztes Buddhismus-Meisters folgend, im Schaffensprozess möglichst wenig bewusst zu denken und einfach loszulassen, den kreativen Strömen gleichsam ihren eigenen Fluss nehmen zu lassen.
Beim Fotografieren geht das erfreulich leicht von der Hand. Hier konzentriere ich mich auf das intuitive Gefühl, ein ausdrucksstarkes Bild einzufangen. Ob und wann dieses Vorhaben gelingt, das spürt man mehr als es zu wissen. Unterstützend wirkt hier auch der Umstand, dass man im Augenblick bzw. mit diesem arbeiten muss und etwa ein ganz besonderer emotionaler Ausdruck des Models schnell verfliegt.
Der schwierigere Teil folgt bei der Bearbeitung und Finalisierung der Bilder, einem Prozess mit theoretisch unbegrenzten Möglichkeiten und unbeschränkten Zeitressourcen. Hierbei den „Monkey Mind“ unter Kontrolle zu halten und in einen kreativen Fluss zu gelangen, das gestaltet sich deutlich anspruchsvoller. Nichts zu wollen und anzunehmen was da ist, es herausarbeiten, zu konkretisieren und irgendwann auch zu finalisieren, all das kann nur intuitiv gelingen.
Ob ein Bild schließlich fertig ist, kann man nur fühlen und es anschließend in all seiner wunderbaren Imperfektion annehmen. Gerade das macht es auch so besonders, so einzigartig und im Ergebnis nicht wiederholbar.
Übrigens war damals die „Walking Meditation“ für mich besonders geeignet, die Ablenkung durch bewusste Gedanken zu vermeiden und durch diese geführte, achtsame Bewegung im ruhigen Fluss zu bleiben.


On thinking

Some time ago, I regularly attended the Zen Buddhism introductory course at a nearby monastery in Califonia. An elementary part of the lessons were guided group meditations with the aim of keeping one's own “monkey mind” under control, as our master so wonderfully put it in his figurative language. Interestingly, this supposedly simple instruction turned out to be surprisingly challenging, because deliberately “thinking nothing” is practically impossible. In psychology, this is called an “ironic process” and white bears or pink elephants are often used as a figurative example of what you should not think about.
In an artistic process, thinking cannot be switched off either, even if elementary parts of this process run intuitively and unconsciously. It is just as impossible to plan to create a “special picture” as it is to create a grandiose yellow one. If yellow simply doesn't fit, the good intention is pointless and the picture is neither coherent nor good.  
Therefore, following the instructions of my esteemed Buddhist master, I try to think as little consciously as possible during the creative process and simply let go, allowing the creative streams to take their own flow, as it were.
When it comes to photography, this is pleasingly easy. Here I concentrate on the intuitive feeling of capturing an expressive image. You feel more than know whether and when you will succeed in this endeavor. The fact that you have to work in the moment or with it and that a very special emotional expression of the model quickly evaporates also helps here.
The more difficult part comes when editing and finalizing the images, a process with theoretically unlimited possibilities and unlimited time resources. Keeping the “monkey mind” under control and getting into a creative flow is much more challenging. Not wanting anything and accepting what is there, working it out, concretizing it and at some point finalizing it - all of this can only be achieved intuitively.
You can only feel whether a picture is finally finished and then accept it in all its wonderful imperfection. That's what makes it so special, so unique and unrepeatable.
Incidentally, the “walking meditation” was particularly suitable for me at the time to avoid the distraction of conscious thoughts and to remain in a calm flow through this guided, mindful movement.

Created 09/2024
Category Blog